Matthias Cremer ist eine herausragende Persönlichkeit in der österreichischen Pressefotografie. Seit 33 Jahren ist er in der Branche tätig – eine Zeitspanne, in der sich die Fotografie radikal gewandelt hat. Vom analogen Entwickeln in der Dunkelkammer bis zur Digitalisierung: Er hat fast alle technischen Umbrüche miterlebt.
Seine Karriere begann in einer Ära, in der Schwarz-Weiß-Fotografie dominierte und in der Magnesiumblitz noch zum Einsatz kam. Besonders die 1930er-Jahre waren von männlichen Fotografen geprägt, und der erste wirklich anerkannte Pressefotograf – ein Jude – wurde im KZ ermordet. Die Zwischenkriegszeit brachte eine Blütezeit der Fotografie in Magazinen und Fotobüchern, da das Kino als Medium aufgrund der Wochenschauen weniger relevant war. Während des Zweiten Weltkriegs wurde Fotografie zur Propaganda, nach dem Krieg nutzten sowohl die USA als auch die Sowjetunion die Presse zur Einflussnahme – mit unterschiedlichem Erfolg, so Herr Cremer er.
1988 begann Cremer beim Standard, wo er die Entwicklung der Pressefotografie aus erster Hand miterlebte. Während es damals nur wenige APA-Fotos gab, wurde schnell klar, dass kontroverse Bilder eine besondere Rolle spielen. Er verweist auf die Waldheim-Zeit als ein Beispiel dafür, dass es wichtig ist, alle Aufnahmen zu archivieren, um sich gegen mögliche Anschuldigungen abzusichern. Sein Zitat dazu: „Feuer ist schön, solange keiner zu Schaden kommt.“ Außerdem erzählte er von den berühmten “Adlern” – Porträts von Prominenten, deren Kopf von den Flügeln des Bundesadlers im Hintergrund gekrönt worden sind. Das passierte damals häufiger, da in der Hofburg oftmals der Bundesadler ungünstig über dem Kopf einer Person hing, sodass die Federn des Adlers zu den Haaren der Person wurden.
Doch auch Inszenierungen gehören für ihn dazu – ein gutes Foto braucht eine klare Botschaft. Die heutige Pressefotografie steht jedoch vor großen Herausforderungen. Obwohl der Bedarf an hochwertigem Bildmaterial immens ist, fehlt es oft am Geld. Kleinanzeigen und klassische Werbeanzeigen sind weggefallen, was dazu führt, dass gerade bei den Bildern gespart wird. Eine Entwicklung, die die Zukunft der Pressefotografie ungewiss erscheinen lässt.
Der Vortrag war durchweg spannend und bot allen Beteiligten einen tiefen Einblick. Dabei sorgten einige Anekdoten für unterhaltsame Momente und brachten das Publikum immer wieder zum Schmunzeln.
Fotos: Jakob Langwieser